Tagung: Gesundheitsgefährdung in Kompostierungsanlagen

„Sind Kompostierungsanlagen tickende Zeitbomben?“ Diese von „Journalisten oft und gern gestellte Frage“, konnte Dipl.-Ing. Jörg Brandes von der „Gesellschaft für Innenraumhygiene“ mit einem klaren „Nein“ beantworten: Sofern die in Deutschland gültigen Regeln und Anleitungen beachtet würden, „ist die Arbeit in Kompostierungsanlagen sicher!“ Hohe Bedeutung maß Brandes in diesem Zusammenhang der „Gefährdungsbeurteilung nach dem Schutzstufenmodell für Arbeitsplatzgrenzwerte“ bei. Ohne eine erfolgte Gefährdungsbeurteilung dürfe in der Kompostierungsbranche keine Tätigkeit am Arbeitsplatz aufgenommen werden.

Zur Bestimmung der Gefährdungspotentiale stünden mittlerweile eine Vielzahl von Instrumentarien zur Verfügung; angefangen von Messgeräten zur Ermittlung von Feinstäuben und Schimmelpilzbildung bis hin zu Verfahren zur Bestimmung von Bakterienkonzentrationen in der Luft. Zum Paket der Schutzmassnahmen gehöre die Schutzbelüftung in Fahrzeugen ebenso wie die „jährliche Information der Mitarbeiter“, die über ihre Umfeldsituation „verständlich aufgeklärt“ werden müssten.

Vor dem Hintergrund dieser hohen Sicherheitsstandards handele es sich so in Kompostierungsanlagen „um Arbeitsplätze wie bei vielen Anderen auch“. Den Sicherheitsbehörden und einigen Journalisten, die oft eine unverständliche Aufregung auslösten,  gab Brandes daher eine wichtige und zudem satirische Erkenntnis mit auf den Weg: „Alle Personen, die jemals eine Kompostierungsanlage betreten haben oder jemals eine Kompostierungsanlage betreten werden, sind gestorben oder werden sterben!" Und: „Auch alle Personen, die jemals einen Vortrag über Gefahrstoffe auf Kompostierungsanlagen gehört haben, sind gestorben oder werden sterben!"

Appell an den gesunden Menschenverstand

Dass es in der täglichen Berufspraxis nicht immer einfach sei, allen Vorschriften zu entsprechen, räumte Dr. med. Christof  Weinz ein. Oft reiche es jedoch schon aus „den gesunden Menschenverstand walten zu lassen“, meinte der Pneumologe (Lungenfacharzt).   Drei Gruppen aus der Reihe der Gefährdungspotentiale, die von Elektrizität, Lärm und von biologischen Prozessen ausgehen würden, hob er aus medizinischer Sicht besonders hervor.

Am Beispiel von stichsicheren Handschuhen, die es genaugenommen für einen wirklich funktionierenden Arbeitseinsatz nicht gebe, machte der Mediziner die klaffende Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit deutlich, die schließlich zu der Erkenntnis führe, dass man sich „im Leben nicht vor Alles und Allem schützen“ könne. Und schließlich spiele auch die „Verhältnismäßigkeit der Mittel“ eine Rolle. Damit verband Weinz die Frage, ob ein Müllwerker beim Einsatz stets einer größeren Gefahr als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sei. Der gesunde Menschenverstand signalisiere hier: „Was häufig ist, ist häufig, was selten ist, ist selten!“

Weinz, der über die „Arbeitsmedizinische Bewertung der Belastung“ sprach, griff auch das Thema des Schutzes vor Hörschaden am Arbeitsplatz und die dafür vielfältigen Schutzvorrichtungen auf. „Der beste Gehörschutz ist der, der getragen wird“, brachte Weinz dieses Kapitel anschaulich auf den Punkt.

Die „Typische Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen in Kompostierungsanlagen“ war Referatsthema von Dipl.-Ing. Eckart Willer, der als Messingenieur der „Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen“ schwerpunktmäßig die Entsorgungsbranche betreut. Willer unterstrich die zunehmende Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung, der auch bei Gericht parallel zur Beachtung der üblichen Gesetzesvorschriften einen größeren Stellenwert eingeräumt werde. Als Risiko-Einschätzung  führte Willer die Formel „W x S = R“ an, heißt: Die Wahrscheinlichkeit multipliziert mit der Schadensschwere ergibt die Risiko-Einschätzung. Darüber müsse an jedem Arbeitsplatz ein Sicherheitsdatenblatt ausführlich informieren. Daher reiche es nicht aus, dieses Papier irgendwo „lieblos abzuheften“, sondern der Inhalt müsse jedermann bekannt und zugängig sein.

 Krankenstand gen Null bringen

Mit Dr. Christian Felten kam schließlich ein Referent zu Wort, der „viele Regelwerke zur Arbeit mit biologischen Schadstoffen mit verfasst hat“, wie Dipl.-Ing. Carsten Plänker von der „Hauser Umwelt-Service“ als Moderator der Tagung in seiner Überleitung treffend feststellte. Felten, Leiter für Gesundheitsschutz der „Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltung“ führte die Ergebnisse einer Langzeitstudie an, wonach jeder 10. Beschäftigte in der Abfallwirtschaft im Jahr mehr als drei Tage eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorweisen könne. Damit rangiere die Krankheitsstatistik zwischen der Gruppe derer, die beruflich mit Turnierpferden arbeiten und den Mitarbeitern an PC-Arbeitsplätzen. Felten: „Ziel unserer gemeinsamen Bestrebungen sollte es sein, diese Statistik gen Null zu bringen!“

Weitere Erkenntnis der von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin durchgeführten Studie: Eine relativ hohe Mitarbeiterfluktuation, weil sich viele Mitarbeiter nach einer Reihe von Jahren nicht länger (vermeintlichen) Gesundheitsbelastungen aussetzen möchten oder könnten. Bei jenen, die indes über einen Zeitraum von fünf Jahren hinaus in den Betrieben blieben, wurden kaum gesundheitliche Beeinträchtigungen festgestellt, was Dr.  Felten zu der saloppen Formulierung brachte: „Nur die Harten kommen in den Garten...!“

Für die erkrankte Dipl.-Ing. Andrea Bonner referierte Eckart Willer abschließend über „Organisatorische und technische Schutzmaßnahmen“, die bei Arbeiten rund um die Kompostierung und Entsorgung zu berücksichtigen sind.

„Ich hoffe, wir haben auch einen Teil ihrer Sorgen hier lösen können“ sprach Hansgeorg Hauser - Seniorchef  der gleichnamigen Krefelder Unternehmen - davon, dass er als Zulieferer seit rund 75 Jahren tätig sei und daher die Probleme und Sorgen der Kunden an der (Berufs-)Front kenne. Nicht zuletzt diese Erkenntnis habe zu der Tagung geführt, die aus der Sicht aller Beteiligten als erfolg- und erkenntnisreich gewertet wurde.

 

Nr. 1: Begrüßung durch Hansgeorg Hauser
Nr. 2: Einführung: Carsten Plänker "Alles Bio?!"
Nr. 3: Jörg Brandes: Typische Schadstoffbelastung in unterschiedlichen Kompostierungsanlagen
Nr. 4: Dr. med. Christof Weinz: Arbeitsmedizinische Bewertung
Nr. 5: Eckart Willer: Gefährdungsbeurteilung in Kompostierungen
Nr. 6: Mittagspause
Nr. 7: Dr. Christian Felten: Belastungserfassung
Nr. 8: Interessierte Besucher
Nr. 9: Hansgeorg Hauser im Gespräch
Nr. 10: Klaus Langheim im Fachgespräch
Nr. 11: Dank an die Referenten mit der Hauser-Krawatte 2009
 

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